Stadtoldendorf/Lenne (red). Rund um die Asphaltstollen im Hils begann das nationalsozialistische Regime im Spätsommer 1944 mit der Errichtung mehrerer Lager für Zwangsarbeiter. Ziel war der Aufbau einer unterirdischen Rüstungsproduktion zum Schutz vor den Angriffen der alliierten Luftstreitkräfte.
Die damalige Volkswagenwerk GmbH war ab Sommer 1944, nach einem amerikanischen Bombenangriff auf das Stammwerk am Mittellandkanal, einer der Nutzer dieser unterirdischen Anlagen. Unter dem Tarnnamen „Hecht“ sollten die Gruben im Hils für die Verlagerung der Produktion und die Unterbringung von Großmaschinen ausgebaut werden.
Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, die im August 1944 aus dem Volkswagenwerk nach Eschershausen gebracht worden waren, nahmen die Arbeiten unter katastrophalen Lebens- und Arbeitsbedingungen auf. Unweit der heutigen Bundesstraße 64 entstand mit dem sogenannten Lenner Lager das größte Zwangsarbeiterlager im Hils.
Seit 2006 wurde das Gelände durch die Kreisvolkshochschule Holzminden gemeinsam mit verschiedenen Partnern zu einer Erinnerungsstätte ausgebaut. Beschilderte Pfade führen heute über das ehemalige Lagergelände, eine Baracke wurde auf dem ursprünglichen Fundament rekonstruiert.
Bereits seit 1990 hatte eine Arbeitsgemeinschaft der Realschule Delligsen das Areal erforscht. Dabei wurden zahlreiche Gegenstände aus der Zeit des Lagers entdeckt, darunter Medizinfläschchen, Uniformknöpfe, Lederteile aus einer Schuhmacherwerkstatt sowie Porzellanfragmente. Viele dieser Fundstücke wurden dem Konzernarchiv der Volkswagen AG als Leihgaben für eine Sonderausstellung zur Verfügung gestellt.
Volkswagen unterhält in einem ehemaligen Luftschutzbunker auf dem Werksgelände in Wolfsburg eine eigene Erinnerungsstätte zum Thema Zwangsarbeit. Die Leihgaben aus Lenne wurden nun von einer Delegation der Abteilung Volkswagen Heritage – zu der auch das Konzernarchiv gehört – nach Stadtoldendorf zurückgebracht.
Mehrere Kisten mit den sorgfältig verpackten Relikten wurden im Rathaus von Stadtoldendorf übergeben. Dort nahmen Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders, die Holzener Regionalhistorikerin Jutta Henze, Lennes Altbürgermeister Hans-Dieter Steenbock, Holzens Bürgermeisterin Silke Hage und der Delligser Bürgermeister Stephan Willudda die Fundstücke offiziell entgegen.
Die Objekte verbleiben zunächst in Stadtoldendorf. Perspektivisch sollen sie im Rahmen einer Ausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Foto: Flecken Delligsen