Dassel (red). Anlässlich des kürzlich begangenen Europatages begrüßte die Paul-Gerhardt-Schule erneut die Bundestagsabgeordnete Frauke Heiligenstadt (SPD), finanzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion, zu einem Gespräch mit dem zwölften Jahrgang. In Begleitung des Schulleiters Matthias Kleiner, der stellvertretenden Schulleiterin Kathrin Muhs-Braun sowie des Koordinators und Politiklehrers Martin Spiegel stellten sich die Schülerinnen und Schüler den komplexen politischen Herausforderungen, vor denen Deutschland und Europa derzeit stehen – und erhielten dabei ebenso ehrliche wie differenzierte Einblicke in aktuelle politische Entscheidungsprozesse.
Die Jugendlichen hatten sich im Vorfeld des Besuchs verschiedene Fragen überlegt und die Gelegenheit zu einem offenen Austausch rege genutzt. Im Zentrum der Diskussion standen finanz- und bildungspolitische Themen. Auf die hypothetische Frage, was ihre erste Amtshandlung wäre, wenn unbegrenzt Mittel zur Verfügung stünden, antwortete Heiligenstadt ohne Zögern: „Investitionen in Bildung – in Personal, Räume und Ausstattung.“ Bildung sei mehr als der Erwerb von Wissen; sie müsse junge Menschen zu starken Persönlichkeiten machen.
Auch zur Schuldenbremse bezog die SPD-Politikerin klar Stellung: In Zeiten multipler Krisen seien kluge Investitionen notwendig, um zentrale Zukunftsprojekte wie Klimaschutz und Digitalisierung zu finanzieren. Sie verwies auf den Klima- und Transformationsfonds (KTF), der unter anderem auch Projekte wie den Umbau energieintensiver Industrieprozesse – etwa in der Stahl- oder Gießereiindustrie – unterstütze.
Beim Thema Energiepolitik unterstrich Heiligenstadt die Notwendigkeit, vielfältige und erneuerbare Energiequellen wie Geothermie, Wärmepumpen oder grünen Wasserstoff stärker zu fördern. Deutschland sei auch bei Wind- und Solarenergie gut aufgestellt – „Wir müssen uns nicht verstecken“, lautete ihr Fazit.
Sichtlich bewegt sprach sie über die Gefährdung demokratischer Strukturen durch Extremismus, Populismus und Desinformation – insbesondere mit Blick auf demokratiefeindliche Gruppierungen in der Politik und die Entwicklungen in Ostdeutschland. Heiligenstadt betonte, dass viele Mitarbeitende von Abgeordneten, insbesondere im Vorfeld von Kommunalwahlen, Anfeindungen ausgesetzt seien – auch sie selbst sei bereits von Einschüchterungsversuchen betroffen gewesen. Auf die Frage, wie sie zu einem Parteienverbot der AfD stehe, antwortete Heiligenstadt konkret: Ein Verbot der AfD sei nur dann sinnvoll, wenn es rechtssicher umsetzbar sei. Politische Bildung und eine klare demokratische Haltung seien unverzichtbar.
Als Beispiel für populistische Vereinfachungen nannte Heiligenstadt eine häufig gestellte Frage: Warum unterstütze Deutschland den Bau von Fahrradwegen in Peru, obwohl hierzulande die Infrastruktur ebenfalls Verbesserungsbedarf habe? Ihre Antwort: „Weil wir globale Verantwortung tragen – für den Klimaschutz, für faire Partnerschaften und um demokratische Allianzen zu stärken.“ Der Auftrag sei zudem an ein deutsches Unternehmen gegangen – ein wirtschaftlich und geopolitisch motiviertes Engagement, das Alternativen zu chinesischem oder russischem Einfluss ermögliche. Populistische Stimmen hinterfragten solche Zusammenhänge jedoch selten – und so entstehe auf Basis von Unwissen ein Nährboden für vermeintlich einfache Antworten.
Abschließend machte Heiligenstadt den Jugendlichen Mut, sich aktiv in die Demokratie einzubringen – etwa über das Programm „10 unter 20“, das jungen Menschen Einblicke in die politische Arbeit ermöglicht.
Die Diskussion an der Paul-Gerhardt-Schule war ein starkes Beispiel für gelebte politische Bildung: kritisch, offen, respektvoll – und ein eindrucksvolles Zeichen dafür, wie wichtig es ist, Politik in den Schulalltag zu holen.
Fotos: PGS Dassel