Holzminden (lbr). Am gestrigen Donnerstagabend, dem 21. März, dem Welttag gegen Rassismus, wurde in Holzminden eine weitere Gedenkstele errichtet. Sie steht vor dem ehemaligen Postgebäude in der Bahnhofstraße 25 und erinnert an die grausamen Ereignisse von 1933 und ehrt den Mut der Widerstandskämpfer. An der Einweihungsveranstaltung nahmen rund 70 Bürgerinnen und Bürger teil, um den Worten des Bürgermeisters Christian Belke, der Ratsvorsitzenden Maren Urban und der Vorsitzenden des Heimat- und Geschichtsvereins, Marlies Linnemann, zu lauschen. 

Die Bahnhofstraße 25 war einst der Sitz der sozialdemokratischen "Oberweser-Volkszeitung", die eng mit dem "Volksfreund" aus Braunschweig verbunden war. Diese Zeitung war ein Sprachrohr für diejenigen in Holzminden, die den Mut hatten, gegen die aufkommende Bedrohung des Nationalsozialismus anzukämpfen. Doch im März 1933, mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurde das Gebäude zum Schauplatz brutaler Übergriffe auf politisch Andersdenkende und jüdische Bürger. Damals wurden auch in Holzminden aus einstigen Freunden Täter und Opfer. "Völlig entfesselt und außerhalb jeglicher gesetzlichen Grundlage und jeglicher mitmenschlichen Haltung tobte sich hier ein Mob aus. Die genaue Anzahl der geschändeten und ermordeten Personen ist nicht bekannt, aber es sollen über 60 Personen sein, die in den Wochen des März 1933 aus ihren Wohnungen gezerrt, hier hergebracht und auf unbeschreibliche Weise gedemütigt und gefoltert wurden", berichtete Marlies Lindemann. 

Möge die Stele dazu dienen, die Erinnerung an die Opfer und ihren Einsatz für Freiheit und Demokratie lebendig zu halten, damit solche Gräueltaten nie wieder geschehen mögen. Darin waren sich Urban, Linnemann und Belke einig. Der Bürgermeister erzählte von seinem Großvater, der im Krieg verwundet wurde und nie über diese Zeit sprach. "Er brachte mir Schachspielen bei, mit Figuren, die er damals im Krieg schnitzte. Diese halte ich noch immer in Ehren. Ich bin mir sicher, er wäre glücklich zu sehen, dass seine Nachkommen nicht vergessen und daraus gelernt haben", so Belke.

Maren Urban sprach für den Rat der Stadt Holzminden und im Interesse aller demokratischen Parteien. Sie appellierte,  sich für Freiheit und Demokratie einzusetzen und diese stets zu schützen. "Es liegt in unserer Verantwortung, dass sich solch eine Tragödie nie wieder ereignet", sagte sie und ergänzte: "Nie wieder ist jetzt". Die Veranstaltung bot Raum für das Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus und erinnerte alle Beteiligten daran, sich aktiv gegen die derzeitigen rechten Tendenzen in Deutschland einzusetzen und die Worte "nie wieder" in die Tat umzusetzen. 

Es ist die vierte Gedenk- und Erinnerungsstele ihrer Art in Holzminden, basierend auf einem Ratsantrag von Sabine Golczyk aus dem Jahr 2018. Die anderen drei Gedenkstele befinden sich am jüdischen Friedhof Beukampsborn, am Thingplatz und in der Einbecker Straße.

 

Fotos: lbr