Kreis Holzminden (red). Die Grippe Grüne-Linke-Fischer will den Verordnungsentwurf der Kreisverwaltung über das umstrittene Landschaftsschutzgebiet „Sollingvorland-Wesertal“ in der jetzigen Form ablehnen. Das geplante Schutzgebiet wäre mit 25.000 ha das größte im Landkreis und soll vom Zweck her sowohl die Natur als auch das Landschaftsbild vor Zerstörung schützen. 

„Der Verzicht von jeglichen Verboten für Baumaßnahmen sowie die entsprechenden fehlenden Erlaubnisvorbehalte in Zone 2 sind für uns nicht hinnehmbar“, so der Grüne Fraktionssprecher Gerd Henke. "Damit können große industrielle Tierhaltungen, wie die mal geplanten Großmastanlagen für 80.000 Hühner oder eine Ziegenfabrik ohne jegliche Einschränkungen gebaut werden", so Sabine Golczyk für die Linken. 

Auch Klagen von großen Umweltverbänden gegen Tiermastanlagen wären dann nicht mehr möglich. 

Die Neuaufstellung war durch ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts von 2018 notwendig geworden. 

„Entgegen der einseitigen Interpretation des Gerichtsurteils durch die Verwaltung widerspricht das OLG keinesfalls der Möglichkeit durch Verbote in Zone 2 des Landschaftsschutzgesetzes regulativ einzugreifen, um zukünftig Massentierhaltung in diesem Gebiet zu verhindern“, so der grüne Kreistagsabgeordnete Christian Meyer. 

In der Pressemitteilung des Gerichtes heißt es wortwörtlich: „Der Verordnungsgeber hätte daher nur ein präventives Bauverbot mit Erlaubnisvorbehalt anordnen dürfen.“ 

Diese eins zu eins Umsetzung des Gerichtsurteils wollten die Abgeordneten Andreas Fischer und Gerd Henke im Umweltausschuss des Kreistages erreichen und das präventive Bauverbot mit Einzelfallprüfung in die Schutzgebietssatzung wieder aufnehmen. Die Verwaltung hatte auf ein Bauverbot in Zone zwei generell verzichtet. Damit wäre auch eine umstrittene Hühnergrossmastanlage bei Eschershausen wieder möglich, gegen die sich über 3000 Menschen per Unterschrift gewehrt haben.

"Die Verwaltung verzichtet jedoch auf jede Einzelfallprüfung und erlaubt im Sinne einer bestimmten Klientel selbst riesige Massentierhaltungsanlagen", so der ehemalige Landwirtschaftsminister und Kreistagsabgeordnete Christian Meyer (GRÜNE). 

"Der neue Verordnungsentwurf verzichte in der großen Zone zwei auf jegliche Verbote für Baumaßnahmen und daher auch auf Erlaubnisvorbehalte an sich, da diese ja nur greifen würden, wenn etwas vorher verboten werde. Die Zone zwei werde also behandelt wie ein ungeschützter Außenbereich. Da kann ohne Prüfung dann jede Großanlage gebaut werden, obwohl das Gericht präventive Bauverbote mit Ausnahmen ausdrücklich für zulässig erklärt hat. Das sei viel zu lasch und widerspreche dem Naturschutz und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen im Grundgesetz", so Gruppensprecher Peter Ruhwedel. 

Für die Gruppe Grüne-Linke-Fischer geht es um den Schutz und Erhalt der Natur und nicht um die wirtschaftlichen Interessen einer bestimmten Klientel. „Das Gemeinwohl steht über Einzelinteressen und der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen im Grundgesetz. Dabei sollten wir bei den Beratungen zum Landschaftsschutzgebiet auch denken“ so Gruppensprecher Peter Ruhwedel. 

Auch unterschlägt die Verwaltung, die vielen Verfahrensfehler, die nach dem Kreistagsbeschluss von der Kreisverwaltung gemacht wurden. Zur Begründung habe der Senat zu aller erst ausgeführt, dass die beschlossene Verordnung schon fehlerhaft und nicht ordnungsgemäß im Amtsblatt bekannt gemacht worden sei. Darüber hinaus sei die Verordnung auch deshalb rechtlich zu beanstanden, weil die vom Landschaftsschutzgebiet ausgenommenen Bereiche der dort vorhandenen Naturschutzgebiete, Naturdenkmale und gesetzlich geschützten Biotope in den Karten zur Landschaftsschutzgebietsverordnung nicht verzeichnet seien. „Dies waren eindeutig handwerkliche Fehler der Verwaltung“, so Peter Ruhwedel. Auch im neuen Entwurf fehlten in den Karten einige der angemahnten Kennzeichnungen. 

Zwar habe der Senat festgestellt, dass das weitreichende absolute Bauverbot gegen das Übermaßverbot verstoße, weil nicht von vornherein feststehe, dass jede der verbotenen Baumaßnahmen - u. a. die Errichtung von Einfriedungen und kleinen Geräteschuppen - in jedem Bereich des sehr großen Landschaftsschutzgebiets den Gebietscharakter verändere oder den besonderen Schutzzwecken der Verordnung zuwiderläuft. Der Verordnungsgeber habe daher nur ein präventives Bauverbot mit Erlaubnisvorbehalt anordnen dürfen. Das Gericht habe aber in seinem Urteil nur bemängelt, dass es keine Ausnahmen für kleine Anlagen in Randbereichen etwa direkt bei landwirtschaftlichen Betrieben gibt. "Generelle Verbote und Erlaubnisvorbehalte an sich, hat das Gericht aber sogar empfohlen um eine Zerstörung der Landschaft durch zu viele bauliche Anlagen zu verhindern", so Christian Meyer. 

Mit dem Verzicht auf jegliche Bauverbote in der Zone des Vogelschutzgebietes werden zugunsten einer bestimmten Lobby großen Massentierhaltungsanlagen und anderen Grossbauten Tür und Tor geöffnet“ wirft der grüne Kreistagsabgeordnete Gerd Henke der Kreisverwaltung vor. 

Bei Verzicht auf jegliche Bauregeln im Schutzgebiet sei es nach Angaben der Grünen auch fraglich, ob die EU-Vogelschutzrichtlinie korrekt umgesetzt wird. Umweltverbände, die in Niedersachsen das Verbandsklagerecht haben, könnten mit einer Normenkontrollklage wieder scheitern lassen. Das bringt große rechtliche Unsicherheit mit sich. Daher sollte die Kreisverwaltung nicht über das Gerichtsurteil hinausgehen, so die Grünen. 

Christian Meyer erläutert: „Die Kreisverwaltung hat jetzt in ihrem Entwurf in der Zone des Vogelschutzgebietes jegliche Bauten, egal welcher Größe und egal wo ohne jegliche Einzelfallprüfung zugelassen. Das widerspricht dem allgemeinen Schutzziel das Landschaftsbild zu erhalten.“ 

Die Gruppe Grüne-Linke-Fischer kündigte an, mit einem Antrag im Kreistag Verbesserungen im Sinne des Gerichtsurteil aufzunehmen. Fraktionsvorsitzender Peter Ruhwedel : „Alle Seiten sind gut beraten, die Gerichtsentscheidung jetzt zu akzeptieren, auch wenn sie einem nicht gefällt. Wir sollten das Urteil punktgenau umsetzen. Nicht mehr aber auch nicht weniger, um unsere schöne Natur, die Vögel, die Insekten und die Landschaft im Kreis zu erhalten. Denn das ist in der Sinn eines Landschaftsschutzgebietes und nicht die Ermöglichung von Massentierhaltung für Gewinninteressen.“ 

Auch bei der Schutzgebietsverordnung zum Selter und Nollenberg setzt sich die Gruppe für mehr Naturschutz ein. Die Abstufung zum Landschaftssschutzgebiet lehnen Grüne und Linke ebenso wie im Landkreis Northeim ab. "Für die Umsetzung der FFH-Richtlinie ist ein Naturschutzgebiet erforderlich", so Gerd Henke.

Foto: Meyer/Grüne